Gedanken aus dem Buch
Gedanken aus
„Gebet als Selbstgespräch“
DER HIMMEL – IN DIR
„… Dieses unendliche Gegenüber ist nicht eine Wirklichkeit irgendwo,
sondern nirgendwo anders als in mir.
„Halt an, wo laufst du hin?
Der Himmel ist in dir.
Suchst du Gott anderswo,
du fehlst ihn für und für.“
(Angelus Silesius)
„Der Himmel ist nicht eine weit entfernte
und unbekannte Zone des Universums,
er gehört in die Geographie des Herzens“
sagte Papst Benedikt.
Um diesem Missverständnis des Begriffs Gegenüber vorzubeugen habe ich ein Wort gefunden,
das diesem Gegenüber seinen Ort gibt, seinen Sitz im Leben: So spreche ich von diesem Gegenüber als einem Inüber.
Das Inüber ist aber auch immer ein Gegenüber dem Erkennen wollenden Verstand. Das Inüber ist vom Verstand nie einholbar. Der Verstand muss aushalten, dass er diese letzte Wirklichkeit nicht erfassen kann, dass diese letzte Wirklichkeit aber alles erfasst. Sie ist Geheimnis. Nur wenn ich dieses Geheimnis in mir anerkenne, kann ich zu mir heim kommen. Das ist der Weg zum Einswerden mit mir selbst. …“
(Seite 7)
GOTT EIN- UND AUSATMEN
„… Ich sehe den Zen-Weg als ein Geschenk Gottes an suchende Christen unserer Zeit, als einen Weg, dieses Verborgene ans Licht zu bringen. Zugleich sehe ich die Weise des Zen in der Offenbarung bereits vorgegeben. So höre ich Mose meisterlich diese Weise zu fordern, da er sagt:
„Höre Israel! Jahwe, unser Gott, Jahwe ist einzig. Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft. Diese Worte, auf die ich dich heute verpflichte, sollen auf deinem Herzen geschrieben stehen. Du sollst sie deinen Söhnen wiederholen. Du sollst von ihnen reden, wenn du zu Hause sitzt und wenn du auf der Straße gehst, wenn du dich schlafen legst und wenn du auf-stehst. Du sollst sie als Zeichen um das Handgelenk binden. Sie sollen zum Schmuck auf deiner Stirn werden. Du sollst sie auf die Türpfosten deines Hauses und in deine Stadttore schreiben. … nimm dich in acht, dass du nicht den Herrn vergisst“ (Dtn 6,4 – 9.12).
Das ist meisterliche Anweisung für den Vollzug der Übung. Mose sagt auf diese Weise, in der er selbst mit Jahwe lebt. In diesen Worten höre ich wieder die Forderung meines verehrten Zen-Meisters Yamada Kôun Roshi:
„Du musst verwirklichen, dass Jesus Christus in dir ist.“
Ja, die Worte Mose sind mir der Auftrag, die Forderung meines Meisters immer mehr zu meiner Lebensweise werden zu lassen. Der hl. Vinzenz Pallotti hat dies auf den Punkt gebracht in wohl letztmöglicher Vereinfachung:
„Wir müssen Gott einatmen und Gott ausatmen.“
(Seite 11)
GEBET BEWIRKT ETWAS
“… Die Gleichwertigkeit von Gebet und Arbeit ist symbolisiert im Atem. Die Qualität des Einatmens bestimmt die Qualität des Ausatmens. Wenn man vom Atem spricht, dann sind Einatmen und Ausatmen ein Geschehen. Wenn der Rhythmus stimmt, ist der Mensch gesund. Der Mensch im Stress gibt mehr aus, als er einnimmt. Im Ora et Labora gibt der Mensch aus, was er einnimmt. So auch im Zen: Samu und Zazen sind gleichwertig.
Um zu dieser Gleichwertigkeit zu kommen, gibt es ganz neuartige Aufbrüche. Die Zuversicht für die Zukunft der Menschheit ist der Wirklichkeit näher als die Befürchtungen. Jedenfalls steht es jedem Menschen frei, sein Leben so zu gestalten, dass er in sich selbst mehr und mehr den Grund für diese Zuversicht findet und auch selbst Grund für diese Zuversicht gibt. Bin ich eins mit mir, eins in meinem Wahren Wesen, dann finde ich den Grund meiner Zuversicht in mir. „Ich sehe euch in Gott“, sagt der hl. Vinzenz Pallotti, und gleichbedeutend: „Ich sehe Gott in mir.“
Das ist dieses In-Sein, wenn das Ich entschwindet im Nichts und Gott alles in allem wird. Von dieser Menschenmöglichkeit sagt Paulus: „Wenn also jemand in Christus ist, dann ist er eine neue Schöpfung“ (2 Kor 5,17).
So IN sein, das ist der vollkommene Zusammenfall von Sein in Gott und Sein in sich selbst, ganz und vollkommen da.Das gibt Verständnis für die kühne Aussage vom „Gebet als Selbstgespräch“. Jedes Gebet bewirkt Beziehung zu sich selbst. …”
(Seite 40)